JHV wieder als Video-Konferenz und zwei Online-Einstimmungen
Jeden Morgen wird die Welt neu geboren und bringt uns eine Zeit voller neuer Gelegenheiten.
Auch wenn die Schwierigkeiten dieselben sind wie gestern, so können wir sie doch ganz neu anpacken.
Mit diesen Zeilen von David Steindl-Rast hatte Ulla Röber zur diesjährigen Jahreshauptversammlung mit dem anschließenden offenen Workshop „Quint-Essenz im Tanz“ eingeladen. Wie treffend und aktuell die Aussage dieser beiden Sätze ist, erwies sich erst recht, als klar wurde: Wie im letzten Jahr kann auch die JHV 2021 nur online stattfinden. Der seit dem Sommer 2019 von den vier Dozentinnen Birgit Krauß, Daniela Siegrist, Lucia Großkopf-Müller und Uschi Strobel vorbereitete Workshop fällt zum zweiten Mal aus!
Also erneut ein Treffen per Zoom und statt des zweitägigen Workshops das Angebot, am Samstag und Sonntag an einer Einstimmung am Bildschirm teilzunehmen.
Die Ersatzlösung fand eine überraschend positive Resonanz: Über 30 Menschen aus 7 Ländern meldeten sich an. Am Freitagabend kamen 33, zu den Einstimmungen jeweils 35 Frauen zusammen!
JHV 2021
Nach der Begrüßung und dem Einspielen der Sonnentanz-Musik zum Hören, Schauen oder Mittanzen eröffnete Heidi Hafen offiziell die Jahreshauptversammlung des Fachverbands. Den Schwerpunkt bildeten die Tätigkeitsberichte des Vorstandsteams und der Balance-Redaktion. Nachdem Heidi als erste Vorsitzende den allen vorliegenden Tätigkeitsbericht erläutert hatte, stellte Jeaneth de Witte, die zweite Vorsitzende, die Arbeit der „Projektgruppe neue Website“ vor, die sie ins Lebens gerufen hat. Neu an der Website ist vor allem die Öffnung zur Mehrsprachigkeit und eine moderne Gestaltung, die der Information und Kommunikation neue Wege ermöglicht. So können zum Beispiel künftig nicht-deutschsprachige Mitglieder und Abonnenten Balance-Artikel in der eigenen Sprache lesen. Außerdem werden Dozent*innen und Tänzer*innen eingeladen, sich miteinander auszutauschen. Die Struktur und die deutschsprachige Version der Seite stehen inzwischen weitgehend. Zu einigen Fragen ist noch ein Gespräch mit Friedel Kloke-Eibl geplant. Sobald die Projektgruppe und der Vorstand über den Entwurf einig sind, beginnt die Übersetzung ins Niederländische und Englische.
Das Balance-Team berichtete von den Pandemie bedingten Widrigkeiten, die seine Arbeit im letzten Jahr erschwerten: Nur ein einziges Mal konnten sich die Redaktionsmitglieder live treffen, alles andere musste telefonisch oder in digitalen Meetings erledigt werden. Dabei sind kreative Prozesse auf unmittelbaren Austausch angewiesen – so die schmerzliche Erfahrung der Redaktion und ein Resümee, das die „Projektgruppe neue Website“ teilt. Außerdem musste Schnitzerdruck Insolvenz anmelden. Zum großen Bedauern des Teams verlor der aus langjähriger Zusammenarbeit vertraute Layouter Herr Glöckler dadurch seinen Arbeitsplatz. Mit dem Nachfolgebetrieb PAGEFactory zu verhandeln und sich zu arrangieren, bedeutete zusätzliche Anstrengungen und Mehrarbeit, vor allem für Ulla Röber. Umso bemerkenswerter ist es, dass 2020 mit Wo ich ende und du beginnst und Dis-Tanz zwei besonders inspirierende und vielfach gelobte Hefte entstanden sind. Spontane Wortmeldungen aus dem Kreis der Mitgliederversammlung und ein begeisterter Dankeschön-Applaus unterstrichen diese großartige Leistung.
Der Bericht der Schatzmeisterin Ulla Röber und der Kassenprüferinnen Barbara Meder und Uschi Strobel bestätigten auch für das Geschäftsjahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt. Der Vorstand wurde daraufhin einstimmig entlastet.
Zum Abschluss dankten die Teilnehmerinnen dem Team für seine Arbeit und tauschten sich dann im offenen Gespräch miteinander aus, unter anderem über die Erfahrungen mit digitalen Formaten. Besonders gelobt wurde die Initiative des Vorstands, Friedel Kloke-Eibls Vortrag zum Thema „Pfad des Herzens“ zweimal als Zoom-Veranstaltung anzubieten.
Das Vorstandsteam freute sich über den Dank der Mitglieder und fühlt sich ermutigt, zuversichtlich weiterzumachen – und das ganz im Sinne der eingangs zitierten Zeilen von David Steindl-Rast…
Die Online-Einstimmungen „Quintessenz“
„ganz neu anpacken“ war auch die Devise für die vier Dozentinnen, die anstelle des Workshops nun die beiden Einstimmungen per Zoom zu gestalten hatten. Die für alle ungewohnte Herausforderung meisterten sie mit Herzblut und bravourös, die technische Durchführung genauso wie die inhaltliche Füllung der beiden Einheiten.
Daniela Siegrist lud die Tänzerinnen ein, übernahm die Moderation und erklärte zu Beginn allen die wichtigsten Funktionen der Bildschirm-Steuerung.
Im Wechsel schenkten Birgit, Daniela, Lucia und Uschi dann den Teilnehmerinnen aus Deutschland, Großbritannien, Island, Lettland, Niederlande, Österreich und der Schweiz zwei ungewöhnliche Feier-Stunden mit spiritueller Tiefe. Quintessenz im Tanz. Tänze und Texte verschmolzen zu einer Einheit, die fast vergessen ließ, dass die vier nicht in einem Raum miteinander und dem Kreis der Tänzerinnen verbunden waren, sondern jeweils aus ihrer Wohnung anleiteten und an über dreißig verschiedenen Plätzen virtuell präsent waren.
Wenn die Anleitung von einer zu anderen wechselte, griff die folgende Dozentin einen Gedanken ihrer Vorgängerin zu einem Tanz oder aus einem Text auf und führte ihn fort, indem sie auf den nächsten Tanz einstimmte. Das machte die Übergänge von Ort zu Ort fließend. Dazu trug auch die Reduzierung der von der Kamera gezeigten Raumausschnitte bei. Alles, was den Blick ablenken könnte, war verdeckt, die Kamera fokussierte die Stimme und die Bewegungen der Dozentin, zeigte im Hintergrund noch einen schlichten Blumenstrauß und eine brennende Kerze – Andeutung einer gemeinsamen Mitte.
Dem Thema entsprechend hatten die vier neben der méditation en croix Tänze wie Amor Dei, Lied der Stille, Verwurzelt, Venusstern, Stufen, Gradalis und Danktanz gewählt, ergänzt durch die Gebärden zu Saskia Klokes Tänzen Kontemplation und Himmelweite. Beide Einheiten klangen mit der Frühlingsserenade aus und hießen so (nicht nur zum Datum passend) frühlingshafte Erneuerung willkommen.
Der zu Beginn geäußerte Wunsch, den Teilnehmerinnen möge es gelingen, den Kreis und seine Energie zu imaginieren und im Herzen zu wahrzunehmen, ging wohl für viele in Erfüllung. Ergriffen verharrten alle am Ende in andächtiger Stille – so als habe der zitierte Gedanke von Dietrich Bonhoeffer Es liegt im Stillsein eine wunderbare Macht der Klärung, der Reinigung, der Sammlung auf das Wesentliche sich soeben bewahrheitet.
Überwältigend positiv war beim Abschiednehmen die Resonanz aus dem Kreis: Große Dankbarkeit für eine in jeder Hinsicht große Arbeit!
Wie jede online performance vermochte sie zwar unser aller Sehnen nach gemeinsamem Tanzen im atmenden Kreis nicht zu stillen, ließ aber doch, ob mittanzend oder zuschauend, dessen Essenz erahnen oder erfühlen.
Ulrike Meister-Lucht