Astrid Knipping, Seuzach, Schweiz

Wo hast Du die Meditation des Tanzes kennengelernt?

Es war ein großes Event, ein Friedenstanznachmittag in Wetzikon, Schweiz. Ich hatte einmal eine kleinere Ausbildung in Liturgie und Tanz gemacht und dort einige Tänze von Friedel Kloke-Eibl kennengelernt. Und nun sollte Friedel in die Schweiz kommen – eine Gelegenheit,  sie selbst zu erleben, und auch ihre Töchter Saskia Kloke und Nanni Kloke.
Es war sehr eindrücklich für mich, dass es Friedel gelang, mit rund 200 Personen in einer Turnhalle eine spirituelle Dichte zu erschaffen. Vor allem die Tänze zu Liedern von Joanne Shenandoah haben mich zuinnerst bewegt. Es war sofort klar für mich: Diesen Weg will ich einschlagen, und zwar intensiv.

Hast Du daraufhin eine Möglichkeit gefunden, die Meditation des Tanzes weiter zu vertiefen?

Ja, das Montagstanzen bei Heidi Hafen ist für mich ein steter Teil meines Alltags geworden. In der Art, wie sie Tänze anleitet und vermittelt, atmet für mich eine große Liebe – und sehr viel Knowhow. Und so reifte in mir der Wunsch, die Ausbildung zur Dozentin MdT zu wagen, und habe das Glück, diese gerade bei Friedel Kloke-Eibl und Saskia Kloke zu erleben – was mich außerordentlich beglückt….

Hat sich durch das Tanzen etwas in Deinem Leben verändert?

Was für eine Frage – ich muss grad lachen! Ja klar hat sich etwas verändert: ich tanze und tanze und tanze.
Nein, im Ernst. Als Theologin bin ich mit verschiedenen Möglichkeiten, Spiritualität zu erfahren, vertraut. Für mich ist und wird mehr und mehr die Meditation des Tanzes zu meiner ganz persönlichen  Art, innere Welten immer mehr zu entdecken und gemeinsam mit anderen zu leben. Für mich ist die Meditation des Tanzes Gottesdienst im allerbesten Sinn des Wortes:
Dienst am Leben,
Dienst am Frieden,
Dienst an der Liebe zu allem, was lebt.

Gibt es einen Tanz und / oder eine Choreographie, die Dir besonders wichtig ist?

Eine sehr anspruchsvolle Frage – denn ich liebe die Tänze alle. Übrigens habe ich auch eine sehr große Freude an den Tänzen von Saskia Kloke – sie sind auf besondere Weise ein Meditationsweg für mich. Du kannst mich jeden Tag fragen – und vielleicht nenne ich dir jeden Tag einen anderen Tanz. Und doch: Ganz typisch und sehr passend für mich ist ein Tanz, der sehr vieles von dem ausdrückt, was mir ein starkes inneres Bedürfnis ist, eine Berufung vielleicht. In der Begegnung mit Menschen, die trauern, die schlimmes Leid erfahren, möchte ich an ihrer Seite sein. Mittragen, einfach mit ausharren bei dem, was gerade ausgehalten werden muss.
« Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen » – das ist das Jesuswort dazu. Und so ist für mich als Notfallseelsorgerin der Tanz « Promise » sehr aussagestark: Ausgerichtet zur Mitte suche ich die Balance, kreuze, stelle das Herzensbein vor, zentriere mich mit der Gebärde, richte mich auf und halte die Spannung aus, die im sich im Weitergehen weitet – das Herz weitet.

Gibt es etwas das für Dich oder in Deinem Leben essentiell ist, das Du mit uns teilen möchtest, z.B. eine Vision, eine Idee, ein Bild, ein Lied oder einen Text?


Manche Menschen hängen Magnete ihrer Ferienziele an ihren Kühlschrank. Bei mir hängt dort dieses Wort von Jehuda Amichai:

An dem Ort, an dem wir recht haben,
werden niemals Blumen wachsen im Frühjahr

Der Ort, an dem wir recht haben,
ist zertrampelt und hart wie ein Hof.

Zweifel und Liebe aber
lockern die Welt auf
wie ein Maulwurf, wie ein Pflug.
Und ein Flüstern wird hörbar
an dem Ort, wo das Haus stand,
das zerstört wurde.

Dieser Text des deutsch-israelischen Lyrikers begleitet mich schon
einige Jahre und ist für mich ein Wort für das Unterwegssein. 
Auch der Weg der Meditation des Tanzes ist ein Weg, der weitergeht – wer weiß, vielleicht weiter noch in andere Dimensionen, in Anderwelten hinein.
Und auf diesem Weg ist der Zweifel zuhause – und die Liebe.

Vielen Dank Astrid, dass Du uns an Deinen Gedanken und Erfahrungen teilhaben lässt!